In dem Urteil des Bundesgerichtshof vom 11.11.2011 (V ZR 45/11) hatte sichder Bundesgerichtshof mit der Frage zu befassen, ob sich eine Klage und das sich anschließende Rechtsmittel gegen alle übrigen Wohnungseigentümer richten müsse, oder auf eine Untergruppe der Wohnungseigentumsgemeinschaft begrenzt werden könne.

Zum Hintergrund des Verfahrens ist auszuführen, daß die Klägerin Mitglied einer aus zwei Wohnhäusern (Haus A und B) und einer Tiefgarage bestehenden Wohnungseigentümergemeinschaft war. Ihr gehörte eine in dem Haus B befindliche Eigentumswohnung. Die Gemeinschaftsordnung bestimmte, daß die Kosten für die beiden Häuser sowie für die Tiefgarage jeweils getrennt abzurechnen und nur von den jeweiligen Eigentümern zu tragen seien.

Auf der Eigentümerversammlung am 9. März 2010 wurde beschlossen, Haus B mit Funkzählern für Heizung und Wasser auszustatten. An der Abstimmung hierzu nahmen nur die Wohnungseigentümer des Hauses B teil.

Gegen diesen Beschluß wandte sich die Klägerin mit der gegen alle übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft erhobenen Beschlußmängelklage. Diese hatte das Amtsgericht mit der Begründung abgewiesen, die Wohnungseigentümer des Hauses A seien schon nicht passivlegitimiert. Der angefochtene Beschluss sei im übrigen auch nicht zu beanstanden.

Die Klägerin legte sodann nur insoweit fristgemäß Berufung ein, als die Klage gegen die Wohnungseigentümer des Hauses B abgewiesen worden war. Auf Hinweis des Berufungsgerichts erweiterte sie ihr Rechtsmittel nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist jedoch auf die Abweisung der Klage gegen die übrigen Wohnungseigentümer und beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Das Landgericht hatte den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter und unterlag.

Der Bundesgerichtshof befand – wie auch das Berufungsgericht zuvor schon -, daß nach § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG stets sämtliche übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft zu verklagen seien, daher müsse sich auch die Berufung gegen sämtliche Streitgenossen richten. Entgegen der Auffassung der Revision sei die Vorschrift des § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG nicht einschränkend auszulegen.

Nach dem klaren und unzweideutigen Normtext sei die Anfechtungsklage gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richten. Ausnahmen, die an die materiellrechtliche Betroffenheit anknüpfen würden, sehe die Regelung – anders als § 48 Abs. 1 Satz 1 WEG für die Beiladung – nicht vor.

Schließlich würden Gründe der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit die aus der sprachlichen Fassung und der Entstehungsgeschichte der Norm gewonnene Auslegung untermauern. Bei der Bestimmung des richtigen Klagegegners sei darauf Bedacht zu nehmen, daß auch eine nicht anwaltlich vertretene Partei ohne komplizierte rechtliche Überlegungen ermitteln könne, gegen wen eine Anfechtungsklage zu richten sei. Dies schließe es entgegen der Auffassung der Revision aus, die Vorschrift unter Heranziehung von Kriterien einschränkend auszulegen, die – wie etwa die materiellrechtliche Betroffenheit – im Wortlaut der Vorschrift keine Stütze fänden. Es erscheine nicht sachgerecht, Anfechtungsklägern – zumal solchen ohne anwaltliche Vertretung – die Prüfung anzusinnen, ob eine von der Rechtsprechung bereits anerkannte Ausnahmekonstellation vorliege, ob der in Rede stehende Streitfall dieser zumindest vergleichbar sei und ob eine einschränkende Auslegung des § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG je nach Sachlage daran scheitere, daß im konkreten Fall alle übrigen Wohnungseigentümer – etwa mit Blick auf die Regelung des § 10 Abs. 8 WEG – materiell betroffen seien. Vor diesem Hintergrund gelte daher auch dann nichts anderes, wenn durch die Gemeinschaftsordnung – anders als hier – Untergemeinschaften mit eigener Beschlusskompetenz gebildet worden seien.

Gemessen daran, habe das Berufungsgericht zu Recht eine fristgerechte Berufungseinlegung gegen sämtliche notwendige Streitgenossen verneint. Das bewußt auf die Wohnungseigentümer des Hauses B beschränkte Rechtsmittel sei nicht innerhalb der Monatsfrist des § 517 ZPO erweitert worden. Der beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stehe entgegen, daß die Fristversäumnis auf einem der Klägerin nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten beruhe (§ 233 ZPO). Da Rechtsanwälte verpflichtet seien, sich umfassend über die Rechtslage zu informieren, seien Irrtümer über die Rechtslage regelmäßig nicht als unverschuldet anzusehen. In Zweifelsfällen müsse der für den Mandanten sicherste Weg beschritten werden. Jedenfalls daran fehlt es hier.

Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin habe nicht davon ausgehen können, daß das Berufungsgericht sich dem Amtsgericht bei der Frage einer einschränkenden Auslegung der Regelung des § 46 Abs. 1 Satz 1 ZPO anschließen würde. Vielmehr habe jeder verständige Prozeßbevollmächtigte insbesondere auch eine am Wortlaut der Regelung ausgerichtete Auslegung in Rechnung stellen müssen. Das gelte umso mehr, als über die Frage der Passivlegitimation zwischen den Parteien bereits im ersten Rechtszug gestritten worden sei. Es hätte daher einem auf der Hand liegende Gebot anwaltlicher Vorsicht entsprochen, vorsorglich fristgerecht Berufung gegen alle übrigen Wohnungseigentümer einzulegen. Der Grundsatz, daß die Wiedereinsetzung bei Fehlern des Gerichts mit besonderer Fairneß zu handhaben sei (BVerfGE 110, 339, 342), betreffe zumindest grundsätzlich nur solche Fallgestaltungen, in denen sich Fehler des Gerichts unmittelbar auf die Rechtsmitteleinlegung beziehen würden, wie etwa bei der Erteilung einer falschen Rechtsmittelbelehrung. Im vorliegenden Fall hingegen habe das Amtsgericht lediglich zu der materiellrechtlichen Frage der Passivlegitimation eine unzutreffende Rechtsauffassung zugrundegelegt.