Das Kammergericht Berlin befand in seiner Entscheidung vom 28.06.2012 (22 U 207/11), daß Telefonkunden, die einen Prepaid-Vertrag mit automatischer Aufladung abgeschlossen haben, von dem Telefonanbieter darüber aufgeklärt werden müßten, daß dabei hohe, kaum kontrollierbare Kosten anfallen können. In dem zugrundeliegenden Verfahren verlangte die Telefongesellschaft von dem Beklagten in Rechnung gestellte Gebühren in Höhe von 14.698,00 €.

Die Klägerin scheiterte in erster (Landgericht Berlin, 38 O 350/10) und zweiter Instanz.

Mit dem Kammergericht hätte die Klägerin, wenn sie die Tarifoption „automatische Aufladung“, sobald das Guthaben des Kunden unter 2,00 € sinkt, in vom Kunden zu bestimmender Höhe angeboten hat, nachdrücklich und deutlich darauf hinweisen müssen, daß bei bestimmten Nutzungsarten der SIM-Karte entgegen Ziff. VIII 1. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin durch eine Vorleistung des Kunden nicht gedeckte unkalkulierbar hohe Kosten entstehen können und, ohne, daß, wie bei der Tarifwahl angekündigt, per SMS oder E-Mail nach jeder Aufladung um einen Schritt von 10,00 € eine Warnung erfolgt.

Der Beklagte habe, indem er einen Prepaid-Tarif gewählt habe, zum Ausdruck gebracht, daß ihm an einer Kostenkontrolle gelegen sei. Prepaid-Verträge würden im Allgemeinen gerade zu dem Zweck abgeschlossen, die entstehenden Mobiltelefonkosten im Voraus planen zu können und zu begrenzen und so schwer vorhersehbaren „Kostenexplosionen“ vorzubeugen. Hohe Mobiltelefonkosten könnten ohne weiteres etwa durch das Führen von Auslandstelefongesprächen, durch längere Telefonate oder durch die Einwahl in das Internet entstehen. Der genannte Zweck eines Prepaid-Vertrages werde mit der Wahl der von der Klägerin zur Verfügung gestellten Tarifoption „automatische Aufladung“ um einen bestimmten Betrag zwar deutlich gelockert, jedoch vom Kunden nicht völlig aufgegeben, da die Wahl unter der Zusage der Klägerin erfolge, der Kunde werde per SMS oder E-Mail nach jeder Aufladung informiert und die in Ziffer VIII Nr. 1-3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin bestimmte Vorleistungspflicht des Kunden diesen erwarten lasse, daß bei jeder Aufladung nur jeweils ein Betrag von 10,00 € aufgeladen und vorn Konto des Kunden abgebucht würden.

Der Beklagte habe aufgrund der gewählten Option „Prepaid“, der gewählten automatischen Aufladung um 10,00 EUR, seiner in Ziffer VIII Nr. 1-3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin vorgesehenen Vorleistungspflicht und der Hinweise bei der Wahl der Aufladeoption erwarten dürfen, daß bei jeder Aufladung nur jeweils ein Betrag von 10,00 € aufgeladen und von seinem Konto abgebucht werde und er nach jeder Aufladung um 10,00 € per SMS und per EMail informiert werden würde. In diesem Falle hätte der Beklagte eine gewisse Kostenkontrolle behalten, die er zu Recht von einem Prepaid-Vertrag erwarte. So hätte er etwa aufgrund der zweiten der in Rechnung gestellten Internetverbindungen vom 03. August 2009, 1.45 Uhr mit einem Volumen von 217 kb, die nach dem von der Klägerin berechneten Tarif etwas mehr als 40,00 EUR gekostet habe, mindestens 4 SMS und E-Mails jeweils mit der Information einer erneuten Aufladung um 10,00 EUR erhalten müssen. Damit wäre er vor der hier einmal unterstellten Herstellung der nächsten in Rechnung gestellten Internetverbindung vom 05. August 2009 auf die mögliche Entstehung weiterer hoher Kosten hingewiesen worden.

Wenn die Klägerin aber, wie der vorliegenden Fall zeige und sich, letztlich auch aus VI 2. und IX. 2 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen ergebe, diese Warnfunktionen zur Kostenkontrolle, auf die sie bei der Tarifwahl ausdrücklich hinweise, unter bestimmten Umständen, etwa im Falle von teuren Auslandsgesprächen, längerer ununterbrochener Nutzung des Mobiltelefons oder Nutzung des Internets, bei der es schon mit einem relativ geringen Datenvolumen zu hohen Kosten kommen könne, bei der Tarifoption „automatische Aufladung“ nicht gewährleisten könne, sei sie nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB zumindest gehalten, ihre Kunden bei Abschluß des Vertrages vor Wahl der Tarifoption und auch während des laufenden Vertragsverhärtnisses deutlich und nachdrücklich auf das mit der Wahl dieser Tarifoption verbundene deutlich erhöhte und für den Kunden kaum kontrollierbare Risiko der Entstehung außerordentlich hoher Kosten hinzuweisen. Denn wenn die im Vertrag vorgesehenen und bei der Tarifwahl nochmals ausdrücklich angegebenen Warnfunktionen nicht bei allen Nutzungsmöglichkeiten gewährleistet seien und es ohne Warnungen und ohne Vorleistung zu hohen, vom Kunden nicht kontrollierbaren Kosten und einem entsprechenden Negativsaldo auf dem Kundenkonto kommen könne, hebe die Tarifoption „Automatische Aufladung“ um einen bestimmten Betrag die Vorteile eines Prepaid-Vertrages bei der Nutzung des Internets oder beim Führen teurer Telefongespräche praktisch auf. Die in Ziff. VI.2 und IX 2. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin enthaltenen Hinweise, aus denen der Kunde nur mittelbar entnehmen könne, daß bei bestimmten Nutzungsarten höhere Kosten entstehen könnten, die auch erst nachträglich in Rechnung gestellt werden könnten, reichten für den erforderlichen deutlichen und nachdrücklichen Hinweis auf das bestehende Risiko nicht aus.

Die Klägerin könne sich angesichts des hohen Risikos unkontrollierbarer Kosten, das aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin für einen durchschnittlichen Verbraucher nicht hinreichend klar und deutlich erkennbar werde, das sich aber für den Verbraucher ruinös bis zur Insolvenz auswirken könne, nicht auf den Einwand zurückziehen, der Beklagte habe sich mit der Wahl der Tarifoption „automatische Aufladung“ freiwillig jeder Kostenkontrolle begeben. Vielmehr vertraue der durchschnittliche Kunde bei der Wahl eines Prepaid-Tarifes auch mit der Tarifoption „Automatische Aufladung“ um einen bestimmten Betrag darauf, daß eine erneute Aufladung um diesen Betrag erst nach Verbrauch der von seinem Konto abgebuchten Aufladesumme erfolge, daß er in dem gewählten Rahmen vorleistungspflichtig sei. Er vertraue, wenn bei der Tarifwahl angekündigt werde, er werde per SMS und E-Mail benachrichtigt, bevor es dann zu der nächsten Aufladung komme, auch auf diese Zusage. Mit dem Risiko, daß die von der Klägerinin ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen und den Hinweisen bei der Tarifwahl aufgeführten Warnmechanismen unter bestimmten Umständen nach den eigenen versteckten Hinweisen der Klägerin gerade bei besonders teuren Telekommunikationsdienstleistungen möglicherweise nicht greifen würden, müsse ein normaler Privatkunde ohne besondere, deutliche und nachdrückliche Aufklärung nicht rechnen.

Den aus dieser Pflichtverletzung der Klägerin gemäß §§ 280 BGB Abs. 1, 241 BGB folgenden Schadensersatzanspruch könne der Beklagte, wie bereits ausgeführt, einem möglicherweise entstandenen Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Entgelt für die streitgegenständlichen Internetverbindungen gemäß § 242 BGB entgegensetzen. Die in der streitgegenständlichen Rechnung auch enthaltenen Ansprüche in Höhe von Kosten für Telefongespräche, die unstreitig entstanden seien, seien nach der Gutschrift Anl. K4 bereits erloschen.