In dem Verfahren vor dem Bundesarbeitsgerichts (II AZR 38/96) ging es um die Frage, in wiefern Äußerungen eines Arbeitnehmters über seinen Arbeitgeber eine fristlose Kündigung rechtfertigen können.

Der 1951 geborene Kläger (verheiratet, zwei Kinder) war seit Juli 1991 bei der Beklagten als Tischlerhelfer beschäftigt. Sein Bruttomonatsverdienst betrug zuletzt 1.602,15 DM. Der Kläger war Mitgesellschafter der Beklagten.

Mit Schreiben vom 22. Oktober 1993 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich wegen Arbeitsverweigerung und Geschäftsschädigung. Hiergegen wandte sich der Kläger mit seiner am 8. November 1993 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage.

Die Beklagte behauptete, der Kläger habe vom 21. bis 28. August 1993 seinen Urlaub eigenmächtig verlängert und sei deshalb schriftlich abgemahnt worden. Trotzdem sei er am 23./24. September 1993 erneut ohne Genehmigung der Arbeit ferngeblieben und auch deswegen schriftlich abgemahnt worden.

Im September 1993 habe er gegenüber zwei Arbeitnehmern erklärt, es lohne sich nicht, für die Beklagte zu arbeiten. Unter den gegebenen Umständen müsse man den Geschäftsführer der Beklagten rausschmeißen, dies hätte für alle Beteiligten den Vorteil, daß sie deutlich mehr Geld verdienen würden.

Am 15. Oktober 1993 habe der Kläger auf einer Baustelle gegenüber dem Bauherrn erklärt, noch offenstehende Rechnungsbeträge solle dieser nicht an die Beklagte überweisen, sondern das Geld besser zu ihm, dem Kläger, nach Hause bringen. Wenn der Geschäftsführer erst das Geld habe, sehe niemand mehr etwas davon.

Gegenüber dem Architekten B habe der Kläger in diesem Zusammenhang geäußert, an dessen Stelle würde er der Beklagten keine Aufträge mehr erteilen.

Am 21. Oktober 1993 sei der Kläger gegen 16.00 Uhr aufgefordert worden, eine dringende Arbeit zu erledigen, nämlich einen Bus auszuräumen und für den nächsten Tag zu beladen. Der Kläger habe dies abgelehnt und erklärt, er mache an diesem Tage nichts mehr, er gehe jetzt feiern. Der Geschäftsführer habe ihm überhaupt nichts zu sagen. Bei der anschließenden Geburtstagsfeier habe der Kläger praktisch in Anwesenheit der gesamten Belegschaft erklärt, der Geschäftsführer der Beklagten sei ein Betrüger, Gauner und Halsabschneider.

Der Kläger hatte demgegenüber behauptet, für die Zeit vom 9. bis 28. August und für den 23./24. September 1993 sei ihm ordnungsgemäß Urlaub bewilligt worden. Eine Abmahnung habe er bis zum Ausspruch der Kündigung insoweit nicht erhalten. Die ihm unterstellten Äußerungen gegenüber Mitarbeitern und Kunden seien nicht gefallen. Am 21. Oktober 1993 habe er bis zum Ende der vereinbarten Arbeitszeit um 16.00 Uhr und sogar darüber hinaus gearbeitet. Es treffe nicht zu, daß er von dem Geschäftsführer aufgefordert worden sei, den Bus auszuräumen und mit Werkzeug und Material für den nächsten Tag zu beladen. Auch bei der anschließenden Feier habe er den Geschäftsführer nicht in der behaupteten Weise beschimpft. Die von der Beklagten dazu benannten Zeugen hätten an der Feierlichkeit gar nicht teilgenommen.

Das Arbeitsgericht hatte nach Vernehmung eines Zeugen nach dem Klageantrag erkannt. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgte die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Das Bundesarbeitsgericht befand die Revision als begründet, hob das Urteil auf und wies die Sache zurück.

Das Landesarbeitsgericht habe angenommen, das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien sei durch die Kündigung der Beklagten vom 22. Oktober 1993 nicht aufgelöst worden. Hinsichtlich der außerordentlichen Kündigung habe die Beklagte das Vorliegen eines wichtigen Grundes nicht substantiiert vorgetragen. Die von der Beklagten behauptete Arbeitsverweigerung scheide als wichtiger Grund aus, da diese nach dem Vortrag der Beklagten erst nach oder am Ende der regelmäßigen Arbeitszeit erfolgt sei und der Kläger die angeordnete Arbeitsleistung nicht mehr innerhalb seiner regelmäßigen Arbeitszeit habe erbringen können. Mit der Äußerung „Du hast mir gar nichts zu sagen“ habe der Kläger nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nur zu erkennen gegeben, daß der Geschäftsführer der Beklagten ihm nach Ende der regelmäßigen Arbeitszeit keine Arbeitsanweisungen mehr geben dürfe. Er habe sich jedoch nicht dauerhaft allen Weisungen des Geschäftsführers widersetzen wollen.

Auch wenn der Kläger gegenüber dem Geschäftsführer geäußert habe, dieser sei ein Betrüger, Gauner und Halsabschneider, liege hierin kein Grund für eine außerordentliche Kündigung. Insoweit sei zu berücksichtigen, daß die Äußerung außerhalb der Arbeitszeit auf einer Geburtstagsfeier gefallen sein solle, auf der Alkohol getrunken worden sei.

Soweit die Beklagte behaupte, der Kläger habe auf der Baustelle des Herrn T gegenüber dem Bauherrn geäußert, daß dieser offenstehende Rechnungsbeträge nicht an die Beklagte überweisen solle, sondern das Geld besser zum Kläger nach Hause bringen möge, könne dieses zwar einen wichtigen Grund darstellen, der Beweisantritt der Beklagten hierfür sei jedoch nicht ordnungsgemäß.

Die Umdeutung der außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche Kündigung führe zu keinem anderen Ergebnis. Insoweit sei es der Beklagten nicht gelungen, substantiiert und mit ordnungsgemäßem Beweisantritt vorzutragen, daß der Kläger mündlich oder schriftlich abgemahnt worden sei.

Dem folgte der Senat nicht.

Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lasse sich noch nicht beurteilen, ob die außerordentliche Kündigung der Beklagten das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis aufgelöst habe.

Nach § 626 Abs. 1 BGB könne das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen würden, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden könne. Die Prüfung, ob ein bestimmter Sachverhalt die Voraussetzungen eines wichtigen Grundes erfülle, sei vorrangig Sache des Tatsachengerichts. Es handele sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs. Diese könne vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob das angefochtene Urteil den Rechtsbegriff des wichtigen Grundes selbst verkannt habe, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm des § 626 BGB Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt habe und ob es alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände, die für oder gegen eine außerordentliche Kündigung sprächen, beachtet habe (ständige Rechtsprechung des Senats, z.B. Urteil vom 6. August 1987 – 2 AZR 226/87 – AP Nr. 97 zu § 626 BGB und zuletzt Urteil vom 9. Mai 1996 – 2 AZR 387/95 – AP Nr. 5 zu § 273 BGB, zu II 1 der Gründe). Auch diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab halte das angefochtene Urteil nicht stand.

Soweit die Beklagte ihre Kündigung darauf stütze, der Kläger habe am 21. Oktober 1993 eine vom Geschäftsführer angeordnete Arbeit verweigert, könne mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen nicht entschieden werden, ob dieses Verhalten des Klägers – allein oder im Zusammenhang mit dem übrigen gerügten Fehlverhalten – einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB darstelle.

Aufgrund seines Weisungsrechts könne der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer einseitig bestimmte Arbeiten unter Beachtung des Grundsatzes billigen Ermessens i.S. von § 315 Abs. 3 BGB zuweisen, soweit das Weisungsrecht nicht durch Gesetz, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Einzelarbeitsvertrag eingeschränkt sei. Weigere sich der Arbeitnehmer, die ihm im Rahmen einer rechtmäßigen Ausübung des Weisungsrechts zugewiesene Tätigkeit auszuführen, so könne dies, soweit es bewußt und nachhaltig geschehe, eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen.

Zutreffend habe das Berufungsgericht danach zunächst geprüft, ob der Geschäftsführer der Beklagten berechtigt gewesen sei, dem Kläger die Weisung zu erteilen, vor der Betriebsfeier den Bus zu beladen. Es sei aber rechtsfehlerhaft, wenn das Landesarbeitsgericht die Rechtmäßigkeit der Weisung allein mit der Begründung abgelehnt habe, die Arbeitszeit des Klägers sei beendet und der Geschäftsführer zur Anordnung von Überstunden nicht berechtigt gewesen. Wie die Revision mit einer zulässigen Prozeßrüge geltend mache, ließen diese Erwägungen einen wesentlichen Umstand unberücksichtigt: Der Kläger sei nach der Aussage des erstinstanzlich vernommenen Zeugen, die sich die Beklagte zu eigen gemacht habe, als Gesellschafter der Beklagten nicht in dem Sinne an feste Arbeitszeiten gebunden, daß er ab 16.00 Uhr jede weitere Arbeitsleistung hätte verweigern dürfen.

Der Kläger habe dies in der Revisionsinstanz auch selbst eingeräumt, wenn er geltend mache, er habe das Ende seiner Arbeitszeit als Gesellschafter des Unternehmens nicht nach starren Regeln bestimmt. Sei die Beklagte aber nach dem Arbeitsvertrag der Parteien grundsätzlich berechtigt gewesen, den Kläger auch noch nach 16.00 Uhr zu Arbeiten heranzuziehen, so sei es zur Darlegung einer Arbeitsverweigerung des Klägers durch die Beklagte nicht, wie das Landesarbeitsgericht angenommen habe, erforderlich, daß die Beklagte die Weisung ihres Geschäftsführers mit einer betrieblichen Notsituation rechtfertigte. Ob die Weigerung des Klägers, den Bus zu beladen, einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung darstelle, könne damit nur anhand der näheren Umstände beurteilt werden, unter denen die Weisung des Geschäftsführers und die Weigerung des Klägers erfolgt seien.

Es werde in diesem Zusammenhang auf den streitigen Vortrag der Parteien zu den Fragen ankommen, was genau zu tun gewesen sei, wann die Weisung erteilt worden sei, ob es beiden Parteien zumutbar gewesen sei, im Hinblick auf die Betriebsfeier die Arbeiten auf den nächsten Tag zu verschieben und ob es nicht Schikane bzw. einen Organisationsmangel seitens der Beklagten dargestellt habe, die behauptete Weisung erst unmittelbar vor der Betriebsfeier zu erteilen.

Soweit das Landesarbeitsgericht die Äußerung des Klägers gegenüber dem Geschäftsführer am 21. Oktober 1993, dieser habe ihm „gar nichts zu sagen“, nicht als wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung gewertet habe, sei auch in diesem Punkt seine Entscheidung durch den oben aufgezeigten Rechtsfehler beeinflußt. Die Revision rüge zu Recht einen Verstoß gegen § 626 BGB.

Erkläre ein Arbeitnehmer in Anwesenheit anderer Arbeitnehmer dem Geschäftsführer, dieser habe ihm nichts zu sagen und er sei nicht bereit, dessen Weisungen zu befolgen, so sei ein solches Verhalten an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung darzustellen. Selbst wenn man die Äußerung des Klägers also nicht auf dessen Urlaubsverlangen, sondern nur auf die behauptete Arbeitsverweigerung beziehe, habe das Landesarbeitsgericht die Kündigungsrelevanz der entsprechenden Äußerung des Klägers nicht von vornherein verneinen dürfen, ehe festgestanden habe, ob die Weisung des Geschäftsführers, den Bus zu beladen, nicht berechtigt gewesen sei und das Verhalten des Klägers deshalb eine Arbeitsverweigerung dargestellt habe, deren Beharrlichkeit durch die entsprechende Äußerung verstärkt worden sei.

Auch soweit die Beklagte die außerordentliche Kündigung darauf stütze, der Kläger habe den Geschäftsführer der Beklagten während der Geburtstagsfeier im Beisein praktisch der gesamten Belegschaft wüst beschimpft und ihn Betrüger, Gauner und Halsabschneider genannt, und das Landesarbeitsgericht dies nicht als wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung ansehe, halte das angefochtene Urteil den Angriffen der Revision nicht stand. Grobe Beleidigungen des Arbeitgebers oder seines Vertreters, die nach Form oder Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den Betroffenen bedeuten würden, seien – davon gehe auch das Berufungsgericht aus – an sich geeignet, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darzustellen. Es könne keinem vernünftigen Zweifel unterliegen, daß die von der Beklagten behaupteten Äußerungen des Klägers eine erhebliche Beleidigung des Geschäftsführers der Beklagten darstellen würden. Es verletze § 626 BGB, wenn das Landesarbeitsgericht die behaupteten wüsten Beschimpfungen während der Betriebsfeier dem außerdienstlichen Bereich zurechne und unter den gegebenen Umständen deshalb nicht als geeignet ansehe, einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung darzustellen.

Wer vor der versammelten Belegschaft den Arbeitgeber grob beleidige, bewege sich nicht im außerdienstlichen Bereich, sondern untergrabe die Autorität seines Arbeitgebers und verstoße damit erheblich gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten. Daß die Äußerungen auf einer Betriebsfeier gefallen seien, bei der „durchaus auch Alkohol getrunken wird“, vermöge ein derartiges Fehlverhalten des Arbeitnehmers dabei regelmäßig nicht zu entschuldigen. Die Revision rüge in diesem Zusammenhang zu Recht, daß das Landesarbeitsgericht nicht einmal festgestellt habe, ob und ggf. in welchem Umfang der Kläger Alkohol zu sich genommen habe, bevor er den Geschäftsführer, wie behauptet, wüst beschimpft habe. Auch der vom Landesarbeitsgericht angenommene „rauhere Umgangston“ vermöge jedenfalls nicht solch gravierende Beschimpfungen zu entschuldigen, wie sie dem Kläger vorgeworfen werden.

Auch die weiteren Äußerungen des Klägers seien an sich geeignet gewesen, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung abzugeben.