Das Oberlandesgericht Hamm entschied in seinem Urteil vom 29.08.2011 (I-18 U 25/10), daß wenn ein Maklerkunde eine Immobilie zu einem Kaufpreis unter dem Marktwert erwerbe, ihm in soweit kein vom Makler zu ersetzender Vermögensnachteil (Schaden) entstanden sei, auch wenn ihm der Makler zuvor – objektiv pflichtwidrig – ein unzutreffendes Baujahr der Immobilie mitgeteilt habe. Dem Maklerkunden stehe in diesem Fall auch kein Schadensersatzanspruch auf Rückzahlung der Maklercourtage zu, wenn die Verpflichtung zur Zahlung der Courtage durch den mit dem Immobilienerwerb verbundenen Vorteil ausgeglichen werde, weil der Kaufpreis zuzüglich der Courtage unter dem Marktwert der Immobilie liegen würde (Vorteilsausgleichung).

In dem zugrundeligenden Verfahren nahmen die Kläger die Beklagte aufgrund von Pflichtverletzungen aus einem Maklervertrag in Anspruch.

Die Beklagte war als gewerbsmäßige Maklerin tätig. Im Oktober 2007 wurden die Kläger auf ein im Internet von der Beklagten eingestelltes Angebot über eine Immobilie in F aufmerksam, in welchem es unter anderem hieß: „Baujahr 1958“. Die Kläger wandten sich daraufhin an die Beklagte und bekundeten ihr Interesse. Bei dem sodann mit dem für die Beklagte tätigen Zeugen H vereinbarten Besichtigungstermin unterzeichnete der Kläger zu 1) einen „Objektnachweis mit Courtagevereinbarung“ bezogen auf das Mehrfamilienhaus J-Weg in F. Gleichzeitig wurde den Klägern eine Objektbeschreibung überlassen, in welcher ebenfalls als Alter des Gebäudes das Jahr 1958 angegeben war, sowie ein Immobilienangebot erstellt mit korrespondierenden Angaben.

Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 13.12.2007 erwarben die Kläger in der Folgezeit von den Eigentümern, den Zeugen Michael und M2, die vorbezeichnete Immobilie zu einem Kaufpreis von 160.000,00 €. An die Beklagte leisteten die Kläger die vereinbarte Maklercourtage in Höhe von 5.712,00 €.

Die Eheleute M1/M2 selbst hatten das Grundstück im Jahre 2001 von der Firma T3 AG zum Preis von 430.000,00 DM provisionsfrei erworben. Das Haus war zuvor in der Zeitung inseriert worden mit folgenden Angaben: „Baujahr 1935, 1980 komplett saniert“. Seinerzeit lag eine schriftliche Objektbeschreibung vor, die die Zeugen M1/M2 entweder von der Firma T3 AG oder von dem Zeugen H erhalten hatten. Im Rahmen des Erwerbs hatte der Zeuge H für die Eheleute M1/M2 die Finanzierung vermittelt.

Eine Auskunft der Stadt F vom 9.1.2009 ergab, daß die Gebrauchsabnahme des von den Klägern erworbenen Hauses bereits am 19.10.1937 stattgefunden hatte und nicht erst im Jahre 1958.

Die Kläger verlangten von der Beklagten Schadensersatz in Höhe von 50.000,00 € sowie Rückzahlung der Maklercourtage. In der Klageschrift vom 26.01.2009 fochten die Kläger den notariellen Kaufvertrag vom 13.12.2007 wegen vorsätzlicher Täuschung durch die Beklagte an, erklärten jedoch mit Schriftsatz vom 4.3.2009 den „Widerruf“ der Anfechtung. Die Kläger nahmen zunächst die J (ohne GmbH-Zusatz) vor dem Landgericht Essen in Anspruch. Mit Beschluß vom 22.4.2009 hat das Landgericht Essen auf Antrag der Kläger den Rechtsstreit an das Landgericht Münster verwiesen.

Die Kläger behaupteten, der Zeuge H habe sowohl die Objektbeschreibung 2007 als auch das Immobilienangebot 2007 erstellt. Er habe vorsätzlich in beiden Unterlagen als Baujahr 1958 aufgeführt, obwohl ihm aufgrund der Objektbeschreibung aus seiner Vermittlungstätigkeit für die Zeugen M1/M2 aus dem Jahre 2001 bekannt gewesen sei, daß das Gebäude tatsächlich bereits 1935 errichtet worden sei. Selbst wenn der Zeuge H das tatsächliche Baujahr im Rahmen seiner Vermarktungstätigkeit nicht gekannt habe, so hätte er diesen Umstand nach ihrer Auffassung offenlegen und sie darauf hinweisen müssen. Es möge sein, dass der Zeuge H die Informationen zum Baujahr von einem anderen Mitarbeiter der Beklagten, dem Zeugen B2, erhalten habe. Dann hätte der Zeuge H nach ihrer Auffassung darauf hinweisen müssen, daß das Baujahr nicht von ihm stamme, sondern von dem Zeugen B2. Auch habe der Zeuge H die persönlichen Interessen beider Parteien vertreten und sei daher als Doppelmakler tätig geworden, dies sei „erheblich“. Die Immobilie habe als Kapitalanlage gedient. Sie hätten bei Kenntnis des wahren Baujahres von einem Kauf abgesehen. Der Schadensersatzanspruch in Höhe von 50.000,- € resultiere aus der verringerten Restnutzungsdauer der Immobilie, welche um 1/3 verkürzt sei, bemessen an einer Nutzungsdauer von 80 Jahren bei Neubauten. Die Kläger meinten, daß der Courtageanspruch der Beklagten aufgrund einer schwerwiegenden Verletzung der Treuepflicht entfallen sei.

Die in Anspruch genommene Maklerin hingegen behauptete, nicht der Zeuge H, sondern ausschließlich der Zeuge B2 sei für sie bei dem Veräußerungsgeschäft 2007 tätig geworden. Dieser habe die Angaben zum Baujahr 1958 des Hauses von den Zeugen M1/M2 erhalten. Das Baujahr 1935 sei den Zeugen H und B2 nicht bekannt gewesen. Der Zeuge H habe den Zeugen M1 im Jahre 2001 das Objekt nicht vermittelt, sondern sei für sie nur als Finanzierungsberater tätig gewesen. Die Objektbeschreibung aus dem Jahre 2001 stamme von der damaligen Verkäuferin.

Das Oberlandesgericht Hamm befand, daß die Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 50.000,00 € Schadensersatz aus § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 652 BGB hätten.

Zwar habe die Beklagte durch die fehlerhaften Angaben zum Baujahr in Immobilienangebot und Exposé eine objektive Pflichtverletzung begangen. Den Klägern sei jedoch durch diese Pflichtverletzung kein Schaden in den von ihnen geltend gemachten Umfang entstanden.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe nämlich nicht zur Überzeugung des Senats fest, daß der tatsächliche Marktwert (Verkehrswert) der streitgegenständlichen Immobilie angesichts ihres tatsächlichen Baujahres 1935-1937 im Vergleich zu einer Immobilie Baujahr 1958 geringer zu bemessen gewesen sei als der tatsächlich geleistete Kaufpreis in Höhe von 160.000,00 €. Vielmehr hätten die Kläger die Immobile zu einem Kaufpreis erworben, der 10.000,00 € unterhalb des damaligen Marktwertes gelegen habe. Dies folge aus dem Sachverständigengutachten vom 14.04.2011.

Die Kläger hätten gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Rückzahlung der Maklercourtage in Höhe von 5.712,00 €.

Ein solcher Anspruch ergibe sich nicht aus § 812 Absatz 1 Satz 1, 1. Variante BGB. Die Voraussetzungen lägen nicht vor, da die Beklagte den Maklerlohn mit Rechtsgrund erlangt habe.

Die Parteien bzw. die Beklagte und der Kläger zu 1. hätten einen Maklervertrag gemäß § 652 Abs. 1 BGB geschlossen. Zumindest aufgrund einer Nachweisleistung der Beklagten hätten die Kläger den Kaufvertrag über das Mehrfamilienhaus, der sowohl in persönlicher und sachlicher Hinsicht Gegenstand des Maklervertrages gewesen sei, abgeschlossen. Die auf den Abschluß des Kaufvertrages vom 13.12.2007 gerichtete Willenserklärung der Kläger sei auch nicht durch die (unwiderrufliche) Anfechtung aus der Klageschrift vom 26.01.2009 gemäß § 142 Abs. 1 BGB nichtig geworden. Die Kläger hätten weder eine arglistige Täuschung durch die Beklagte i.S.d. § 123 Abs. 1 BGB noch eine Kenntnis oder ein Kennenmüssen der Zeugen M1/M2 i.S.d. § 123 Abs. 2 BGB substantiiert dargelegt. Die gezahlte Vergütung entspreche auch der vertraglichen Regelung.

Ein Anspruch der Kläger auf Rückzahlung der Maklercourtage ergebe sich auch nicht aus den §§ 280 Abs. 1, 652 Abs. 1 BGB. Zwar könne der Auftraggeber im Rahmen der Naturalrestitution (§ 249 BGB) provisionsfrei zu stellen seien, wenn eine (auch einfache) Pflichtverletzung für den Anfall der Provision ursächlich sei. Dies sei etwa dann der Fall, wenn der Auftraggeber den Hauptvertrag ohne die Pflichtverletzung des Maklers nicht abgeschlossen hätte. Das treffe vorliegend jedoch nicht zu. Die Kläger hätten, wie bereits der „Widerruf“ ihrer in der Klageschrift erklärten Anfechtung zeige, im Ergebnis am Kaufvertrag festhalten wollen. Selbst wenn in der Zahlung der Maklerprovision an sich ein Schaden läge, entfiele dieser jedenfalls im Wege der Vorteilsausgleichung. Im Rahmen der Herstellungsverpflichtung nach § 249 BGB seien unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung auch die Vorteile zu berücksichtigen, die mit dem schädigenden Ereignis in adäquat-ursächlichem Zusammenhang stehen würden, sofern die Anrechnung dem Zweck des Schadensersatzes entspreche und den Schädiger nicht unbillig entlaste. Ein solcher Zusammenhang bestehe hier hinsichtlich derjenigen Vorteile, die den Klägern unmittelbar aus dem Kaufvertrag vom 13.12.2007 erwachsen seien. Der Vorteil der Kläger sei jedenfalls darin zu sehen, daß sie ein Grundstück zu einem Kaufpreis erworben hätten, der in Höhe eines Betrages von 10.000,00 € unterhalb des Verkehrswertes gelegen habe. Dieser Betrag übersteige den Betrag der von den Klägern zurückgefordert Maklercourtage.