Das Landesarbeitsgericht Köln befand in seinem Urteil vom 29.07.2010 (7 Sa 240/10), daß die Herausnahme eines Arbeitnehmers aus einer mit Wochenend- und Nachtarbeit verbundenen Wechselschicht bei gleichzeitiger Zuweisung zu einer montags bis freitags gleichbleibenden Tagschicht grundsätzlich dem nach billigem Ermessen auszuübenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliege. Bei der Ausübung seines Ermessens habe der Arbeitgeber auch die ihm erkennbaren berechtigten Interessen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Dabei habe er keinesfalls automatisch davon auszugehen, daß sich eine Beibehaltung der Wechselschichttätigkeit für den Arbeitnehmer „günstiger“ darstellen würde; denn den dort durch Nacht- und Wochenendzuschlägen begründeten besseren Verdienstmöglichkeiten stünden auf der anderen Seite eine wesentlich geringere gesundheitliche Belastung und wesentlich bessere Möglichkeiten der Freizeitdisposition gegenüber. Die Umsetzung eines Arbeitnehmers von Wechselschicht in Tagschicht oder umgekehrt stelle keine Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs i. S. v. § 95 Abs. 3 BetrVG dar.

In dem zugrundeliegenden Verfahren stritten die Parteien in einem fortbestehenden Arbeitsverhältnis um Differenzlohnforderungen des Klägers für den Zeitraum Juni bis einschließlich September 2008.

Der Kläger war der Auffassung, daß die Arbeitgeberin rechtswidrig gehandelt habe, indem sie ihn nach seiner am 18.05.2008 endenden Erkrankung bis Ende September 2008 nicht mehr in Wechselschicht eingesetzt habe, was auch mit Nacht- , Wochenend- und Feiertagsarbeit verbunden sei, sondern nur noch in Tagschicht von montags bis freitags. Er könne daher einen Ersatz für die Zulagen beanspruchen, die ihm durch die Herausnahme aus der Wechselschicht im Zeitraum Juni bis September 2008 entgangen seien.

Der Kläger meinte, er habe bereits einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf Einsatz in Wechselschicht. Dies ergebe sich aus der Anlage zum Antrag auf Arbeitserlaubnis vom 01.09.1994. Die Herausnahme aus der Wechselschicht ab dem 19.05.2008 stelle eine rechtsunwirksame Versetzung dar, zumal er zunächst sogar vorübergehend an einem anderen Ort, nämlich in Duisburg, eingesetzt worden sei. Die Unwirksamkeit der Versetzung von der Wechselschicht in die Tagschicht ergebe sich auch daraus, daß die Beklagte ihren Betriebsrat hierzu weder nach § 99 BetrVG, noch nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG beteiligt habe. Außerdem habe er in dem Verfahren Arbeitsgericht Köln 2 Ca 4900/08 am 25.07.2008 auch ein erstes Versäumnisurteil erstritten, durch welches die Beklagte verurteilt worden sei, den Kläger als Reiniger im Hauptbahnhof E in der dort ausgeübten Wechselschicht als Vollzeitkraft zu beschäftigen, und woran sich die Beklagte nicht gehalten habe. Hieran ändere sich auch nichts durch den später, nämlich am 03.09.2008, in diesem Verfahren abgeschlossenen Vergleich.

Die Arbeitgeberin vertrat u. a. die Ansicht, daß sich bereits aus dem in dem Verfahren Arbeitsgericht Köln 2 Ca 4900/08 am 03.09.2008 abgeschlossenen rechtskräftigen Vergleich ergebe, daß sie sich nicht in Annahmeverzug befunden habe und überdies vom Kläger keine Schadensersatzansprüche (mehr) geltend gemacht werden sollten. Mit dem Vergleich vom 03.09.2008 habe man vielmehr übereinstimmend einen endgültigen Schlußstrich für die Zeit bis einschließlich September 2008 gezogen.

Das Landesarbeitsgerich Köln wies die Berufung zurück und führte aus, daß der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch darauf habe, für den Zeitraum von Juni bis einschließlich September 2008 so gestellt zu werden, als wäre er in diesem Zeitraum in Wechselschicht eingesetzt worden mit der Folge, daß er die dabei anfallenden Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge hätte erzielen können. Eine Anspruchsgrundlage hierfür sei nicht ersichtlich.

Die Frage, ob ein Arbeitnehmer in einer Wechselschicht eingesetzt werde, die auch Wochenend- und Nachtarbeit mit sich bringe, oder ob er von montags bis freitags in einer gleichbleibenden Tagschicht eingesetzt werde, betreffe die Bestimmung der Lage der Arbeitszeit. Im Arbeitsvertrag verpflichte sich der Arbeitnehmer, dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft in einem bestimmten Umfang zur Verfügung zu stellen. Zu welchen konkreten Zeiträumen der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers in Anspruch nimmt, unterliege grundsätzlich seinem nach billigem Ermessen auszuübenden Weisungsrecht, soweit der Arbeitsvertrag, eine Betriebsvereinbarung, ein Tarifvertrag oder gesetzliche Bestimmungen hierzu keine verbindlichen Vorgaben machen würden, vgl. § 106 S. 1 GewO.

Im vorliegenden Fall unterliege das Weisungsrecht der Beklagten, die zeitliche Lage der vom Kläger zu leistenden Arbeit festzulegen, entgegen der Ansicht des Klägers keinen arbeitsvertraglichen oder sonstigen Einschränkungen.

Der Arbeitsvertrag des Klägers enthalte keine Bestimmungen zur Lage der Arbeitszeit. Er besagt nur, daß der Kläger am Beschäftigungsort E als Reiniger zu beschäftigen ist.

Auch der Manteltarifvertrag, den die Beklagte mit der Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands abgeschlossen habe und auf den der Arbeitsvertrag der Parteien Bezug nehme, enthalte keine Einschränkung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts zur Frage des Einsatzes in Tag- oder Wechselschicht. Im Gegenteil: Wenn § 4 Abs. 4 MTV DB Services bestimme, daß „im Rahmen der betrieblichen Erfordernisse Schicht- bzw. Wechselschichtarbeit… zu leisten“ ist, so werde damit das Direktionsrecht des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer je nach den betrieblichen Erfordernissen zu gleich bleibenden Zeiten oder in Schicht- bzw. Wechselschichtarbeit einzusetzen, bestätigt.

Auch aus der „Anlage zum Antrag auf Arbeitserlaubnis“ vom 01.09.1994 könne der Kläger insoweit nichts für sich herleiten. Es handele sich hierbei gerade nicht um eine Anlage zum Arbeitsvertrag, sondern um eine Anlage zum Antrag auf Arbeitserlaubnis. Es sei daher nicht ersichtlich, daß die Angaben in diesem Antrag als rechtsgestaltende Willenserklärungen im Verhältnis der Parteien zueinander gedeutet werden könnten. Die Angaben dienten vielmehr dazu, das Anforderungsprofil der zu besetzenden Stelle zu beschreiben. Wenn somit in der Rubrik ‚Verteilung der Arbeitszeit‘ der Begriff Wechselschicht angekreuzt und in dem Feld ‚Zulagen‘ die Begriffe Nacht, Sonn- und Feiertag eingetragen seien, so bedeute dies, daß grundsätzlich vorgesehen sei, daß der Stellenbewerber in Wechselschicht arbeiten werde und dabei die angegebenen Zulagen erzielen könne. Es beinhalte jedoch ersichtlich keinen Verzicht der Beklagten gegenüber dem Kläger darauf, im Rahmen eines erst noch zu begründenden (!) Arbeitsverhältnisses das Weisungsrecht zur Lage der Arbeitszeit auch anders auszuüben als durch die Zuweisung von Wechselschichtarbeit. Die Anlage zum Antrag auf Arbeitserlaubnis trage das Datum 01.09.1994, während der Arbeitsvertrag der Parteien erst am 04.10.1994 abgeschlossen worden sei. Maßgeblich sei somit allein, welchen Inhalt der Arbeitsvertrag habe.

Ergänzend sei klarzustellen, daß auch aus der langjährigen tatsächlichen Beschäftigung des Klägers in Wechselschicht kein Verzicht der Beklagten darauf abgeleitet werden könne, den Kläger im Laufe des fortbestehenden Arbeitsverhältnisses auch einmal anders als in Wechselschicht einzusetzen. Allein aus dem Umstand, daß ein Arbeitgeber über lange Jahre keinen Gebrauch davon gemacht habe, sein Weisungsrecht in anderer Weise auszuüben, könne noch nicht auf den Willen zum Rechtsverzicht geschlossen werden bzw. auf den Willen, die tatsächliche Handhabung zum allein verbindlichen Arbeitsvertragsinhalt machen zu wollen. Dies gelte um so mehr, als im vorliegenden Fall die Befugnis der Beklagten, den Kläger in Schicht- oder Wechselschichtarbeit einzusetzen oder eben auch nicht, nicht nur aus dem allgemeinen arbeitgeberseitigen Direktionsrecht folge, sondern ausdrücklich auch aus § 4 Abs. 4 MTV DB Services.

Die Herausnahme des Klägers aus der Wechselschicht, verbunden mit der Möglichkeit, dort Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge zu erarbeiten, bei gleichzeitiger Eingliederung in eine von montags bis freitags gleichförmig abzuleistende Tagschicht stelle auch keine ermessensfehlerhafte und damit rechtswidrige Form der Ausübung des Direktionsrechtes dar.

Grundsätzlich habe der Arbeitgeber, wie aus § 106 S. 1 GewO folgt, sein Weisungsrecht hinsichtlich der Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen auszuüben, d. h. er habe nicht nur seine eigenen betrieblichen Interessen im Auge zu behalten, sondern auch erkennbare berechtigte Interessen des Arbeitnehmers in Rechnung zu stellen.

Es könne jedoch vorliegend nicht schon ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß für den Kläger der weitere Einsatz im Wechselschichtdienst sich als günstiger darstellte, als der Einsatz in einem gleichmäßigen Tagdienst. So bestünden bei einem Wechselschichteinsatz zwar einerseits aufgrund der dort anfallenden Zulagen tendenziell günstigere Verdienstmöglichkeiten. Dem stünden andererseits aber auch erheblich größere Belastungen, insbesondere gesundheitlicher Art, gegenüber.

Die Herausnahme des Klägers aus der Wechselschicht, verbunden mit der Eingliederung in den gleichförmigen Tagdienst stelle im Gegensatz zur Meinung des Klägers auch keine rechtswidrige und damit unwirksame Versetzung dar.

Die bloße Veränderung des Einsatzes von Wechselschicht in Normalschicht stelle keine Versetzung im Sinne von § 95 Abs. 3 BetrAVG dar, so daß die Beklagte hierzu auch nicht die Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG hätte einholen müssen.

Die Beklagte schulde die mit der vorliegenden Klage geltend gemachten Beträge auch nicht deshalb, weil sie das in dem Verfahren Arbeitsgericht Köln 2 Ca 4900/08 am 25.07.2008 verkündete erste Versäumnisurteil nicht zum Anlaß genommen habe, den Kläger sofort wieder in Wechselschicht arbeiten zu lassen. Das Versäumnisurteil vom 25.07.2008 sei nicht rechtskräftig, sondern im Nachhinein durch den den Prozess beendenden wirksamen gerichtlichen Vergleich vom 03.09.2008 wirkungslos geworden.

Könne bei alle dem schon nicht festgestellt werden, daß der vorübergehende Einsatz des Klägers in Tagschicht statt in Wechselschicht rechtswidrig gewesen sei, so komme es nicht mehr darauf an, ob die Rechtswidrigkeit der Maßnahme zu einem Anspruch des Klägers aus Annahmeverzug oder Schadensersatz in eingeklagter Höhe hätte führen können.