Die 11. Kammer des LAG Hamm wies am 19.02.2012 (11 Sa 722/10; PM) in einem Mobbingprozeß die Berufung des Klägers zurüc und bestätigte damit das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund.

Der 61 Jahre alte Kläger war seit 1987 in einem Krankenhaus in Lünen beschäftigt. Der Kläger bewarb sich im Jahr 2001 erfolglos auf die Chefarztstelle der Neurochirurgischen Klinik. Die Stelle wurde dem beklagten Chefarzt übertragen. Im März 2003 erhob der Kläger erste Mobbingvorwürfe gegen den Beklagten. Der Kläger war danach in psychiatrischer Behandlung und für längere Zeit arbeitsunfähig. Er verklagte im Jahr 2004 seine Arbeitgeberin u. a. mit dem Antrag, den Chefarzt zu entlassen und Schmerzensgeld zu zahlen. Die Klage gegen die Arbeitgeberin wurde vom Arbeitsgericht und vom Landesarbeitsgericht Hamm abgewiesen. Nachdem das Bundesarbeitsgericht das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufgehoben hatte, schloß der Kläger mit der Arbeitgeberin einen Vergleich. Der Kläger wurde seither im medizinischen Controlling eingesetzt. Schadenersatzansprüche gegen den Chefarzt wurden in dem Vergleich allerdings nicht ausgeschlossen.

Diese Ansprüche verfolgt der Kläger im vorliegenden Verfahren. Der Kläger behauptete, er sei durch eine Vielzahl von Übergriffen des Beklagten psychisch erkrankt und arbeitsunfähig geworden. Dadurch habe er erhebliche Einkommenseinbußen erlitten. Der Kläger begehrte die Zahlung von etwa einer halben Million Euro als Schadensersatz.

Der beklagte Chefarzt hielt dem entgegen, er habe sich nicht pflichtwidrig verhalten. Zwar sei es teilweise zu Auseinandersetzungen und Verstimmungen gekommen, was aber allein darauf zurückzuführen sei, daß der Kläger ihn als Chefarzt und Vorgesetzten mit Weisungsbefugnis nicht habe akzeptieren wollen.

Das Arbeitsgericht Dortmund hatte die Klage abgewiesen. Die klageabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts Dortmund wurde von dem Landesarbeitsgericht nun bestätigt. Nach Auffassung der Kammer liege ein zum Schadensersatz oder Schmerzensgeld verpflichtendes Verhalten insbesondere dann vor, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken würden, daß die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen werde. Bei der Prüfung von Ersatzansprüchen sei auch zu berücksichtigen, daß im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, die sich durchaus auch über einen längeren Zeitraum erstrecken könnten, aber sozial- und rechtsadäquat seien, nicht geeignet seien, die Voraussetzungen zu erfüllen.

Nach der Vernehmung von 10 Zeugen sei die Berufungskammer zu dem Ergebnis gelangt, daß der Chefarzt in den vom Kläger vorgetragenen 29 Vorfällen die Grenzen eines sozial- und rechtsadäquaten Verhaltens in üblichen Konfliktsituationen nicht überschritten habe. In etwa 2/3 der Fälle seien die Vorwürfe entweder unzureichend vorgetragen oder nicht unter Beweis gestellt worden. In den Fällen, die Gegenstand der Beweisaufnahme gewesen seien, habe sich die mobbingtypische Schaffung eines feindlichen Umfelds nicht feststellen lassen. Soweit sich die Zeugen überhaupt noch an die Konflikte aus den Jahren vor 2004 hinreichend genau erinnern könnten, habe es sich um Konflikte am Arbeitspatz, die den noch üblichen Rahmen nicht überschritten hätten, gehandelt. Das Landesarbeitsgericht ließ die Revision zum Bundesarbeitsgericht nicht zu.