Das Bundesarbeitsgericht hatte sich in seinem Urteil vom 8. Dezember 2011 (6 AZR 354/10; PM) mit der Kündigung gegenüber einem minderjährigen Auszubildenden zu befassen.

Das Gericht führte aus, daß das Berufsausbildungsverhältnis mit einer Probezeit beginne. Während dieser Zeit könne es gemäß § 22 Abs. 1 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) sowohl vom Auszubildenden als auch vom Ausbildenden jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Eine solche Kündigung müsse jedoch noch während der Probezeit zugehen. Sei der Auszubildende minderjährig und damit nach § 106 BGB nur beschränkt geschäftsfähig, werde die Kündigung nach § 131 Abs. 2 BGB erst dann wirksam, wenn sie seinem gesetzlichen Vertreter zugehe. Sei eine Kündigungserklärung mit dem erkennbaren Willen abgegeben worden, daß sie den gesetzlichen Vertreter erreiche, und gelange sie – etwa durch den Einwurf des Kündigungsschreibens in seinen Hausbriefkasten – tatsächlich in dessen Herrschaftsbereich, sei der Zugang bewirkt.

Eine Kündigung, die ein Bevollmächtigter erkläre, von dessen Bevollmächtigung der Gekündigte nicht zuvor durch den Vollmachtgeber in Kenntnis gesetzt worden sei, sei gemäß § 174 BGB unwirksam, wenn der Kündigung keine Vollmachtsurkunde beigefügt sei und der Gekündigte die Kündigung aus diesem Grund unverzüglich zurückweise.

Zum Sachverhalt:

Der am 15. April 1991 geborene Kläger hatte – vertreten durch seine Eltern – mit der Beklagten einen Vertrag über eine Ausbildung als Fachkraft für Lagerlogistik für die Zeit ab 1. August 2008 geschlossen. Der Ausbildungsvertrag enthielt eine dreimonatige Probezeit. Der Ausbildende erklärte mit Schreiben vom 31. Oktober 2008, dem letzten Tag der Probezeit, die Kündigung. Das Schreiben war gerichtet an den Kläger, gesetzlich vertreten durch die Eltern, und wurde durch Boten am selben Tag in den gemeinsamen Hausbriefkasten des Klägers und seiner an diesem Tag verreisten Eltern eingeworfen. Dort fand es der Kläger zwei Tage später und verständigte seine Mutter telefonisch von der Kündigung, die vom Kündigungsschreiben nach ihrer Rückkehr am 3. oder 4. November 2008 tatsächlich Kenntnis erhielt. Mit einem Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten, das beim Ausbildenden am 13. November 2008 einging, wies der Kläger die Kündigung nach § 174 Satz 1 BGB zurück, weil der Kündigung keine Vollmachtsurkunde beigefügt war. Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung des Ausbildungsverhältnisses.

Das Arbeitsgericht hatte der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hatte sie abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Kündigung sei gegenüber den Eltern des Klägers als dessen gesetzlichen Vertretern erklärt worden. Mit dem Einwurf in den gemeinsamen Briefkasten der Familie sei der Zugang der Kündigung bewirkt worden. Die Ortsabwesenheit der Eltern habe dem nicht entgegengestanden. Für den Zugang reiche es aus, daß das Schreiben in den Herrschaftsbereich der Eltern gelangt sei und sie es unter normalen Umständen hätten zur Kenntnis nehmen können. Die Kündigung scheitere auch nicht an der fehlenden Vollmachtsurkunde. Die Zurückweisung einer Kündigungserklärung nach einer Zeitspanne von mehr als einer Woche sei ohne das Vorliegen besonderer Umstände des Einzelfalls nicht mehr unverzüglich iSd. § 174 Satz 1 BGB.