Amtsgericht München, Urteil vom 20.09.2017 (213 C 10547/16), PM:

Ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage wegen unwahrer und ehrverletzender Tatsachenbehauptungen besteht in der Regel nicht, wenn die Klage erst mehr als ein Jahr nach dem Vorfall eingereicht wird.

Der Kläger ist der Lebensgefährte einer Eigentümerin einer Wohnung in der Konrad-Wirtz-Straße in München, die das Paar auch selbst bewohnt. Der Kläger nahm als Vertreter seiner Partnerin am 03.04.2012 an der Eigentümerversammlung teil. Dort verlas der Versammlungsleiter, der Geschäftsführer der Hausverwaltung, auszugsweise folgendes Schreiben einer Eigentümerin aus der Wohnungseigentümergemeinschaft, was im Anschluss auch protokolliert wurde:

„Am Mittwoch, den 27.03.12  wurde ich in der Tiefgarage schwer attackiert. Ich fuhr um 18 Uhr in die Tiefgarage, da verließ (Name des Klägers) die Garage, kam aber nach kurzer Zeit  wieder zurück. Mein Fahrrad, das in der Garage stand, stellte ich vor das  Garagentor von Frau (Name der Lebensgefährtin des Klägers). (Name des Klägers) warf, anders kann man es nicht bezeichnen, mein Fahrrad und den  darauf liegenden Ordner in meine  Garage. Meinen Wohnungsschlüssel, der am Schloss des Garagentores hing, fand ich erst nach Suchen in meiner Garage. (Name des Klägers) schrie mich an und beschimpfte mich mit den schlimmsten Ausdrücken. Sein Verhalten  mir gegenüber ist so aggressiv, dass man es mit der Angst zu tun bekommt…“

Die Behauptungen in dem Schreiben waren frei erfunden. Der Kläger hat in einem weiteren Prozess die Verfasserin des Schreibens auf Unterlassung dieser Äußerungen verklagt. Dies wurde von ihr anerkannt.

Der Kläger ist der Ansicht, dass die beklagte Hausverwaltung durch die Verlesung und Protokollierung des Schreibens massiv seine Persönlichkeitsrechte verletzt und gegen das Neutralitätsgebot verstoßen habe.

Der Kläger erhob am 20.05.2016 Klage zum Amtsgericht München gegen die Hausverwaltung. Er verlangt das Unterlassen der ehrverletzenden Behauptungen für die Zukunft und die Entfernung des Textes aus dem Protokoll der Eigentümerversammlung.

Der zuständige Richter am Amtsgericht München wies die Klage ab.

„Bei derartigen Ansprüchen ist anerkannt, dass die verletzenden Wirkungen durch Zeitablauf bzw. langes Zuwarten bis zu einem Vorgehen gegen die Beeinträchtigung beseitigt sein können“, so das Urteil. Der Kläger habe mehr als vier Jahre gewartet, bevor er die Klage erhoben habe, ohne einen vernünftigen Grund für dieses lange Zuwarten  vorgebracht zu haben. „Dass der Kläger über diesen langen Zeitraum hinweg keine „uferlose Zeit“ gehabt haben will, sich um die Angelegenheit zu kümmern wie er in der mündlichen Verhandlung vom 07.07.2016 angegeben hat, ist nicht nachvollziehbar. Nachdem er ohnehin anwaltlich vertreten ist, hätte es allenfalls den zeitlichen Aufwand einiger Stunden benötigt, um eine Inanspruchnahme der Beklagten auch früher in die Wege zu leiten. Indem der Kläger jedoch über Jahre hinweg die Behauptung widerspruchslos hingenommen hat, hat er nicht nur bei der Beklagten den Anschein erweckt, dass die Angelegenheit erledigt ist sondern auch in objektiver Hinsicht zum Ausdruck gebracht, dass ihm die Verbreitung der Äußerungen offensichtlich nicht so wichtig war.“

Es lägen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass trotz des Zeitablaufs die Beeinträchtigung fortbestehe etwa durch die weitere Verbreitung der Äußerung.

Urteil des Amtsgerichts München vom 20.10.2016, Aktenzeichen 213 C 10547/16 (2)

Das Urteil ist rechtskräftig.